Dienstag, 14. Oktober 2014

Der Nobel für Jean Tirole

war im nachhinein gar nicht so überraschend. Auch ich habe mich in Studienzeiten durch seine "Theory of industrial organization" gequält. Was mir damals nicht gefallen hat, war das Fehlen eines einzelnen einfachen Referenzmodells, welches unvollständigen Wettbewerb einfach analysieren lässt. Stattdessen hunderte unterschiedlicher Modelle, die für Faktoren bestimmte Branchen formal darstellen, die aber irrelevant für andere Branchen. Das Fehlen einer "einfachen" übergreifenden Theorie hat mich damals gestört. Heute weiss ich gerade das zu schätzen. Details sind essentiell und unvollständiger Wettbewerb und Regulierung sind kompliziert. Wenn man die schöne abstrakte Welt des vollkommenen Marktes verlässt, begibt man sich in die unordentliche Realität, in denen Märkte von wenigen Unternehmen bedient werden, die ihre Marktmacht ausspielen wollen, Unternehmern, die Regulatoren und Konkurrenten an der Nase herumführen wollen und Wettbewerbshüter (Regulatoren) die durch unvollständige Information, politische Beschränkungen und ihren eigenen Schwächen beschränkt sind. Dabei hat Tirole einen wichtigen Betrag geleistet. Justin Wolfers:
 While the previous generation of economists had been engaged in the search for very simple rules that could apply to the regulation of all markets, Mr. Tirole has shown that the right rule for protecting the public interest depends critically on the details of a market. 
Das heisst, jeder Markt ist ein bisschen anders, manchmal auf sehr wichtige weise ein bisschen anders. Der Wettbewerb am Markt für Holzspielzeuge hat wenig damit zu tun wie Google agiert. Besonders wichtig waren da die Arbeiten zu zweiseitigen Märkten (two-sided Markets), die in der Internetbranche (aber nicht nur) eine wichtige Rolle spielen. Google, Facebook stellen (eigentlich teure) Dienstleistungen den Konsumenten gratis zur Verfügung, damit sie Werbeeinnahmen auf der anderen Seite des Marktes abschöpfen können. Je mehr Konsumenten umso größere Werbeeinnahmen. Mit diesen Modellen kann man diese Strategien einfach rationalisieren und Wohlfahrtseffekte analysieren.

Tirole sagt somit, dass Märkte sehr unterschiedlich sind. Markt ist nicht gleich Markt. Seine Arbeiten zur Regulierung laufen nicht auf ein einheitliches Modell hinaus. Das Buch zur Regulierung von Telekommunikationsmärkten geht auch in technische Details und zeigt auch deutlich, wie auch von  Matthew Inglesias es gut beschrieben:
One takeaway from Tirole's work on regulation in general is that to a greater extent than people appreciate, policy problems sometimes exist because the questions are genuinely difficult rather than because policymakers are corrupt or feckles.
Meine Übersetzung: Allzu einfache Erklärungen reichen eben nicht immer aus. Regulierung ist schwierig und Details sind wichtig, auch in der (Wirtschafts-)Politik. Ähnlich sieht es auch Tyler Cowen, der schreibt "many of [Tirole's] papers show 'it's complicated,' rather than presenting easily summarizable, intuitive solutions which make for good blog posts."

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